„Digitalisierung in der Möbelindustrie: Wohin geht die Entwicklung?“

Prof. Leisenberg hat den folgenden Textbeitrag als Keynote am 24.11.15 im Gütersloher Theater auf der ZOW_update gehalten:

„Das Internet of Things ist das neue Erfolgskonzept für Mass Customization und erzeugt aus Technologien nachhaltigen Kundenwert durch branchenübergreifende Kooperationen und vernetzte Wertschöpfungsprozesse.“ (Clarion, 2015)

Information wird zum vierten Produktionsfaktor! Zukünftig werden nur die Unternehmen erfolgreich sein, welche über Informationen über alle Aspekte ihres Wirtschaftens verfügen und für sich zu nutzen wissen. Was wäre, wenn Möbel-Unternehmen bereits heute wüssten, was sich die Menschen morgen wünschen? Dann könnten sie schon heute die Möbel entwerfen und produzieren, die morgen nachgefragt werden!Und was wäre, wenn Ihre Produkte künftig so „intelligent“ wären, dass sie sich selbst diagnostizieren können?
z.B. durch Sensoren in den Bedienelementen?Dann würden viele technischen Fehler und Ausfälle von Produkten und Komponenten gar nicht erst auftreten. Ist das Utopie oder vielleicht morgen schon Realität?

Die alles durchdringende Digitalisierung eröffnet Ihren Unternehmen ungeahnte Möglichkeiten, die es zu nutzen gilt. In vielen ostwestfälischen Unternehmen besteht heute weitgehend Einigkeit darüber, dass dieses Thema kein Hype ist, sondern das es Potenzial hat, Geschäftsmodelle, Prozesse, aber auch die Unternehmenssteuerung fundamental zu verändern.

Ermöglicht wird dies zum einen durch den Fortschritt in Elektronik und Informatik, z.B. bei Sensoren und Mobilen Micronetzen. Bei der Anwendung moderner Technologien entstehen gewaltige Menge an Daten, auch Big Data genannt, durch User Created Content das Internet der

Big Data ist der Stoff, aus dem der vierte Produktionsfaktor besteht. Aber wie Können Möbelunternehmen den Rohstoff Daten wertschöpfend nutzen? Welche Werkzeuge und Methoden, welche Kompetenzen benötigt ein Unternehmen, um sich damit selber sowohl strategisch als auch operativ besser steuern und sich dabei stetig weiter optimieren zu können?

Wie Big Data strategisch genutzt werden kann, soll eine häufige Fragestellung aus dem Bereich der Automobilindustrie veranschaulichen: Angenommen, ein Möbelhersteller möchte die Trends für das kommende Jahr verstehen. Bislang nutzte das Unternehmen schwerpunktmäßig Daten über die eigenen Kunden, scannte die Branche via Medienbeobachtung oder Veranstaltungen und beauftragte zusätzlich ein Marktforschungsinstitut. Dennoch erhielt es nur einen sehr unvollständigen Ausschnitt aus den möglicherweise relevanten Informationen. Bei Nutzung der Big Data durch ausgefeilte Analysen kann ein viel umfassenderes und aussagekräftigeres, vieldimensionales Bild gewonnen werden.

Relevante Dimensionen könnten zum Beispiel Aggregate in der Küche, Beschläge, Scharniere, Konstruktive Materialien, integrierte technische Komponenten sein. Für die Aussagekraft ist es häufig mehr wert, Daten aus vielen Dimensionen als extrem viele Daten einer einzigen Dimension auszuwerten.

Wie sich die Auswertung mit den passenden Dimensionen und Algorithmen modellieren lässt, um aus den Daten entscheidungsrelevante Information zu generieren, daran arbeiten sogenannte Data Scientists. Aus den gewonnenen Ergebnissen lassen sich für das Unternehmen Steuerungsinformationen für operative, taktische und strategische Überlegungen ableiten.

Schlagworte wie Big Data, künstliche Intelligenz oder Algorithmen führen mitunter zu dem Schluss, Digitalisierung sei vor allem ein IT-Thema. Doch damit Unternehmen all die Potenziale heben können, brauchen sie noch mehr als Technik, nämlich die dafür nötigen Kompetenzen. Mit Data Scientists allein ist es nicht getan. „Übersetzung“ der Analyseergebnisse in „Business“ ist häufig ein Problem. Das verlangt von Managern mindestens eine Beurteilungskompetenz der Big-Data-Ergebnisse, von den Entscheidungsvorbereitern darüber hinaus ein tiefergehendes Verständnis mathematisch-statistischer Modelle. (Kieninger, 2015)

Erst die Entwicklung einer „digitalen Unternehmenskultur“ versetzt die Unternehmen in die Lage, Prinzipien digitaler Geschäftsmodelle wie zum Beispiel die Agilität im eigenen Unternehmen zu verankern.

Mehr Mut zum Probieren und ein pragmatischer Umgang mit Fehlern muss – beginnend beim Topmanagement – aktiv vorgelebt und gefördert werden.
Was bedeutet dies nun für die Möbelbranche?

– Digitale Vermarktung
– Produktinnovation
– Industrie 4.0 : Transparenz der Wertschöpfungsprozesse
– Veränderung der Unternehmenskultur zum Enterprise 2.0

Digitale Vermarktung

Die Digitalisierung wird den Möbelhandel grundlegend verändern. Während das Online-Segment weiter wächst, ist ein Drittel aller stationären Möbelgeschäfte in den kommenden Jahren von der Schließung bedroht. Das Kölner Beratungshaus ECC sagt: „Die digitale Transformation trifft nun auch den Möbelhandel mit voller Wucht. Es werden nur Unternehmen mit einer umfassenden Digitalstrategie überleben, deren Angebot für den Kunden das Beste aus dem stationären und digitalen Handel kombiniert“ . Zauberwort heisst hier Profilbasiertes Targeting. In der digitalen Vermarktung spielt für die Möbelindustrie die Senkung der Akquisekosten in den Online-Kanälen eine entscheidende Rolle! Auf der einen Seite gibt es bereits professionalisierte Anbieter, die sich aus der Abhängigkeit von Google & Co. lösen und ihre Kostenstruktur spürbar verbessern. Auf der anderen Seite sind Anbieter zu beobachten, bei denen innerhalb eines Jahres die Kosten für die digitale Vermarktung teilweise um 30 Prozent bei gleichbleibenden Besucherströmen gestiegen sind.Ein weiteres Thema ist hierbei die Markenarchitektur. Ein Großteil der Online-Händler setzt mittlerweile auf Handelsmarken. Hier bietet sich zwar eine enorme Chance für Möbelhersteller, die ihre Abhängigkeit von bisherigen Vertriebskanälen lösen wollen. Gleichzeitig müssen sie aber darauf achten, ihre etablierte Unternehmensmarke durch den Onlinevertrieb nicht zu gefährden.

Allgemein bekannt ist, dass Ihre Branche unter der „Rabattitis“ leidet. Wer als Händler unter diesen Umständen nun versucht mit einer einheitlichen Unternehmensmarke in den E-Commerce einzusteigen, wird es schwer haben. Meist gelingt es nur den Filialisten eine Harmonisierung der Preispolitik über alle Kanäle hinweg zu gewährleisten. Händler ziehen oft erst gar nicht in Erwägung das stationäre- und das Onlinegeschäft voneinander zu trennen. Auch wenn es schwer für das Unternehmer-Ego ist, macht es als Händler unter den gegebenen Marktbedingungen durchaus Sinn, ein separates Online-Geschäft aufzubauen, welches von der stationären Marke entkoppelt ist und dann die Vorteile der Digitalisierung nutzt. (Haarfeld, 2015)

Produktpolitik und Innovation

Neue Smarte Produkte der Möbel- und Küchenindustrie erforderlich weil
– Markt fordert Smarte Möbel
– Daten werden zukünftig für die vernetzten Industrie 4.0- Prozesse gebraucht!
– Daten bekommt man nur , wenn man Zusatznutzen anbietet!!!

Aber: Hauptfokus muss auf Verbesserung der Funktionalität und Schaffung von bisher nicht gekannten Bedürfnissen liegen.

Smart Furniture integriert Techniken von
– Hausautomation
– Vernetzte Unterhaltungselektronik
– Haushaltgeräte-Automation
– Internet der Dinge
– Sicherheit

Einige wichtige Trends:
– Bedeutung von Glass wächst: Baustoff „Glass“ macht Möbel smart: Produktbeispiel:Interactive Cooktop (Kochplatte) von Bauknecht
• Verbindung Tablet & Herd-Funktion
• Vernetzt Herd, Kühlschrank, Spülmaschine
• Per App durch Berührung gesteuert
• Induktionsplatten heizen nur Töpfe auf, nicht restliche Fläche
• Infotainment & Kommunikation

– Anpassungsfähige vernetze Möbel: Produktbeispiel: Stir Kinetic Desk F1
• Elektrisch höhenverstellbarer Stehtisch
• Eingebauter touchscreen zur Bedienung
• Store data in the cloud
• Sync with third-party devices like Fitbit (Armband)
• Kommunikation mit anderen Möbeln

Fazit: Smarte Produkte sind Voraussetzung für erfolgreiche Digitalisierung ganzen

Manfred Leisenberg

Quellen:

Clarion, 2015: ZOW_update, Einladungstext zur Veranstaltung, 2015
Haarfeld, 2015: Was bedeutet die Digitalisierung für die Branche?, http://www.moebelkultur.de/news/imm-cologne-congress-2016-was-bedeutet-die-digitalisierung-fuer-die-branche-herr-haarfeld/23581.html, 2.11.2015
Kieninger, 2015: Verändern oder verändert werden, Welt, 12.11.2015

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